Zerebralparese: Was ist das und wie kann Physiotherapie helfen?
Zerebralparese ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene Bewegungs- und Haltungsstörungen, die durch eine Schädigung des Gehirns vor, während oder kurz nach der Geburt entstehen. Die Schädigung ist nicht fortschreitend, aber die Folgen können sich im Laufe der Zeit verändern. Zerebralparese ist die häufigste Ursache für motorische Behinderungen bei Kindern und Jugendlichen.
Die Auswirkungen einer Zerebralparese können sehr unterschiedlich sein, je nachdem, welche Bereiche des Gehirns betroffen sind, wie schwer die Schädigung ist und welche anderen Faktoren eine Rolle spielen. Die häufigsten Symptome sind:
- Spastik: eine erhöhte Muskelspannung, die zu steifen und unkontrollierten Bewegungen führt
- Dyskinesie: unwillkürliche Bewegungen, die z.B. zittern, verdrehen oder schlenkern können
- Ataxie: eine gestörte Koordination und Gleichgewicht, die zu Schwierigkeiten beim Stehen, Gehen oder Greifen führt
- Hypotonie: eine verringerte Muskelspannung, die zu schlaffen und kraftlosen Bewegungen führt
Zusätzlich zu den motorischen Problemen können auch andere Beeinträchtigungen auftreten, wie z.B.:
- Kognitive Einschränkungen: Schwierigkeiten beim Lernen, Denken oder Erinnern
- Sinnesstörungen: Probleme beim Sehen, Hören oder Fühlen
- Kommunikationsstörungen: Probleme beim Sprechen, Verstehen oder Ausdrücken
- Wahrnehmungsstörungen: Probleme bei der Verarbeitung von Informationen aus der Umwelt
- Verhaltensauffälligkeiten: Probleme bei der Anpassung an Situationen, dem Umgang mit Emotionen oder dem Aufbau von Beziehungen
- Schmerzen: chronische oder akute Schmerzen in verschiedenen Körperregionen
- Harninkontinenz: ungewollter Harnverlust oder Schwierigkeiten beim Wasserlassen
- Muskuloskelettale Probleme: Veränderungen an den Knochen, Gelenken oder Muskeln durch Fehlhaltungen oder Überlastung
- Epilepsie: Anfälle durch eine gestörte elektrische Aktivität im Gehirn
Wie wird Zerebralparese diagnostiziert?
Die Diagnose einer Zerebralparese basiert auf einer gründlichen Untersuchung des Kindes durch einen Arzt oder eine Ärztin, die die Entwicklungsgeschichte, die klinischen Symptome und die Ergebnisse von verschiedenen Tests berücksichtigt. Dazu können z.B. gehören:
- Bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT), um die Struktur des Gehirns zu beurteilen
- Elektroenzephalographie (EEG), um die elektrische Aktivität des Gehirns zu messen
- Elektromyographie (EMG), um die elektrische Aktivität der Muskeln zu messen
- Bluttests, um mögliche genetische oder metabolische Ursachen auszuschließen
Die Diagnose einer Zerebralparese kann manchmal schon kurz nach der Geburt gestellt werden, wenn das Kind deutliche Anzeichen einer Hirnschädigung zeigt. In anderen Fällen kann es jedoch mehrere Monate oder Jahre dauern, bis die Diagnose gesichert ist, da sich die Symptome erst im Laufe der Zeit zeigen oder verändern.
Wie wird Zerebralparese behandelt?
Die Behandlung einer Zerebralparese ist individuell auf die Bedürfnisse und Ziele des Kindes und seiner Familie abgestimmt. Es gibt keine Heilung für die zugrunde liegende Hirnschädigung, aber es gibt viele Möglichkeiten, die Folgen zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Die Behandlung umfasst in der Regel mehrere Fachdisziplinen, wie z.B.:
- Physiotherapie: eine Therapieform, die sich auf die Verbesserung der Bewegungsfähigkeit, der Haltung und des Gleichgewichts konzentriert
- Ergotherapie: eine Therapieform, die sich auf die Förderung der Selbstständigkeit und der Teilhabe an alltäglichen Aktivitäten konzentriert
- Logopädie: eine Therapieform, die sich auf die Verbesserung der Sprach- und Kommunikationsfähigkeit konzentriert
- Neuropsychologie: eine Fachrichtung, die sich auf die Beurteilung und Förderung der kognitiven, emotionalen und sozialen Entwicklung konzentriert
- Orthopädie: eine Fachrichtung, die sich auf die Behandlung von muskuloskelettalen Problemen konzentriert
- Neurologie: eine Fachrichtung, die sich auf die Behandlung von neurologischen Problemen wie Epilepsie konzentriert
Die Behandlung kann verschiedene Methoden umfassen, wie z.B.:
- Übungen: gezielte Bewegungsübungen, um die Muskelkraft, -dehnung und -koordination zu verbessern
- Manuelle Therapien: gezielte Handgriffe, um die Gelenkbeweglichkeit, die Durchblutung und die Entspannung zu fördern
- Neurophysiologische Therapien: spezielle Therapiekonzepte, die auf der Aktivierung von Reflexen oder Mustern basieren, um das zentrale Nervensystem zu stimulieren (z.B. Vojta, Bobath, Castillo Morales, Petö)
- Hilfsmittel: spezielle Geräte oder Materialien, die die Bewegung oder Kommunikation erleichtern oder unterstützen (z.B. Schienen, Orthesen, Rollstühle, Sprachcomputer)
- Medikamente: spezielle Arzneimittel, die den Muskeltonus senken oder Anfälle verhindern (z.B. Baclofen, Botulinumtoxin)
- Operationen: chirurgische Eingriffe, die den Muskeltonus verändern oder Gelenkfehlstellungen korrigieren (z.B. Sehnenverlängerungen, Gelenkversteifungen)
Die Behandlung beginnt in der Regel so früh wie möglich und wird kontinuierlich an den Entwicklungsstand und die Bedürfnisse des Kindes angepasst. Die Behandlung ist ein langfristiger Prozess, der eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Kind, seiner Familie und dem Behandlungsteam erfordert.
Wie kann Physiotherapie bei Zerebralparese helfen?
Die Physiotherapie ist eine der wichtigsten Säulen in der Behandlung von Zerebralparese. Sie hat folgende Ziele:
- Die Bewegungsfähigkeit des Kindes zu verbessern oder zu erhalten
- Die Haltung des Kindes zu optimieren oder zu stabilisieren
- Das Gleichgewicht und die Koordination des Kindes zu fördern oder zu trainieren
- Die Muskelspannung des Kindes zu regulieren oder zu normalisieren
- Die Muskelkraft und -ausdauer des Kindes zu steigern oder zu erhalten
- Die Muskelverkürzungen oder -kontrakturen des Kindes zu vermeiden oder zu reduzieren
- Die Schmerzen des Kindes zu lindern oder zu vermeiden
- Die Unabhängigkeit und Selbstständigkeit des Kindes zu unterstützen oder zu ermöglichen
Die Physiotherapie bei Zerebralparese basiert auf einer individuellen Beurteilung des Kindes durch einen Physiotherapeuten oder eine Physiotherapeutin. Dabei werden verschiedene Aspekte berücksichtigt